Der Übergang, auch Transition genannt, und die damit verbundene Kompetenz diesen erfolgreich zu meistern, stellt für alle Kinder eine enorme Herausforderung dar. So markiert der Schritt vom Kindergartenkind zum Schulkind für viele Kinder einen bedeutsamen Wendepunkt, der mit wachsender Vorfreude und einem Gefühl des „Größer Werdens“ einhergeht. Kinder blicken erwartungsvoll auf diesen neuen Lebensabschnitt, begleitet von dem Wunsch nach mehr Selbstständigkeit und einem Bewusstsein für ihre erweiterten Rechte und Möglichkeiten. Diese Zeit ist geprägt von Stolz und der freudigen Antizipation darauf, „groß“ zu sein.
So spielen Kindertageseinrichtungen, eine wesentliche Rolle in der frühen Bildung der Kinder in der sie einen großen Teil ihres Tages verbringen und ihnen wichtige Grundlagen und Kompetenzen vermittelt werden, die ihnen den Übergang in die Schule erleichtern sollen. Die Kita ist daher viel mehr als nur eine Betreuungseinrichtung; sie ist ein Ort des Lernens und der persönlichen Entwicklung, der den Kindern dabei hilft, sich auf die Schule vorzubereiten. Der Übergang in die Grundschule ist nicht nur ein Wechsel der Bildungsinstitution, sondern ein entscheidender Moment in der kindlichen Entwicklung, dem vonseiten beider Einrichtungen, die Kita, als abgebende und der Schule als aufnehmende, besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden sollte.
Lernen beginnt nicht mit der Schule, sondern mit der Geburt.
Die frühe Kindheit ist eine Zeit des rasanten Wachstums und der Entwicklung. Was in diesen prägenden Jahren gelernt wird, hat einen langanhaltenden Einfluss auf das akademische und soziale Wohlbefinden eines Kindes. Es geht nicht nur darum, Kinder mit Wissen zu füllen, sondern sie mit den Werkzeugen auszustatten, die sie benötigen, um aktiv zu lernen, Probleme zu lösen und mit anderen zu interagieren. Diese Fähigkeiten sind entscheidend, um Kinder auf die Schule und das Leben vorzubereiten.
Selbstwirksamkeit spielt dabei eine entscheidende Rolle. Kinder, die an ihre Fähigkeit glauben, Aufgaben erfolgreich bewältigen zu können, sind eher bereit, Herausforderungen anzunehmen und bei Schwierigkeiten durchzuhalten. Dieses Vertrauen bildet die Grundlage für ein lebenslanges Lernen und ermöglicht es den Kindern, aktiv an ihrer eigenen Bildung teilzunehmen. Es ist daher unerlässlich, dass wir eine Umgebung schaffen, die das Selbstvertrauen der Kinder in ihre eigenen Fähigkeiten stärkt. Wir müssen uns als Bildungsgemeinschaft zusammenschließen, um sicherzustellen, dass alle Kinder die Möglichkeit haben, ihre Basiskompetenzen in einer unterstützenden, anregenden und partizipativen Lernumgebung zu entwickeln. Dies bedeutet, Bildungsmethoden zu fördern, die Kinder als aktive Lerner sehen, die Neugier und Entdeckungslust wertschätzen und die individuellen Stärken und Interessen jedes Kindes berücksichtigen.
Viele Basisfähigkeiten und Schlüsselqualifikationen werden bereits viele Jahre vor Schuleintritt angelegt und gefestigt.
Das schulische Lernen baut ab der Einschulung darauf auf. In der Regel entwickeln sich Kinder in den ersten sechs Jahren vor der Einschulung zu kompetenten Schulkindern, da sie sich frei entfalten, verschiedenste Dinge ausprobieren und sich somit reichhaltig und vielfältig erproben konnten. So haben sie normalerweise ein großes Repertoire an Erfahrungen gesammelt, haben erlernte Fähig- und Fertigkeiten verinnerlicht, konnten beobachten, nachahmen und ausprobieren. Sie konnten den eigenen Körper in vielfältigen Einsatzmöglichkeiten erproben und zu einem guten Körperbewusstsein finden. Sie durften im Alltag mithelfen und aktiv sein, Fertigkeiten, Handlungen, Verhaltensweisen und Vorgehensweisen abschauen, nachahmen und einüben. Den Kindern wurden Dinge und Handlungen erklärt und sie wurden, wo immer möglich, beteiligt, sodass sich Fertigkeiten weiterentwickeln und der Entwicklungsstand sich altersentsprechend aufbauen konnte. (vgl. Günster-Schöning, 2018)
Jedes Kind ist anders und bringt zum Schulstart unterschiedliche Erfahrungen und auch Weltwissen mit.
Ein Kind, das in der Kita erlernt hat, seine Fähigkeiten zu erkennen und zu schätzen, tritt mit einem starken Selbstvertrauen in die Schule ein. Die Erfahrung, bereits vieles gelernt und sich ein breites Spektrum an Fähigkeiten und Wissen angeeignet zu haben, befähigt das Kind, sich neuen Herausforderungen zu stellen. Die Förderung der Kinder in der Kita, ihre Meinungen, Wünsche und auch Kritik auszudrücken und konstruktiv mit Kritik umzugehen, stärkt sie für den bevorstehenden Lebensabschnitt. Diese ermutigende und unterstützende Haltung hilft den Kindern, den Übergang zur Schule selbstbewusst und motiviert zu meistern. Daher gilt es die Kinder in ihrer Unterschiedlichkeit immer wieder gut in den Blick zu nehmen. Hilfreiche Fragen sind beispielsweise: Wer braucht gerade was, um sich gut weiterentwickeln zu können oder um sich selbstwirksam zu fühlen? Wer kann wie unterstützt oder (neu) herausgefordert werden, um über sich hinaus zu wachsen? Wie definieren wir im Team und bestenfalls gemeinsam mit unserem Kooperationspartner(n) die Schule(n) Basisfähigkeiten, auch mit Blick in den Bildungsplan des jeweiligen Bundeslandes? Und wie kann darüber hinaus die Kooperation zwischen Kita und Schule so verbessert oder gar angeschoben werden, damit der Abschied und auch der Neuanfang verbunden mit all den ambivalenten Gefühlen und Entwicklungsaufgaben vom Kind gut gemeistert werden kann?
Kinder im Übergang beteiligen und ernstnehmen
Die Einbindung von Kindern in partizipative und empowernde Aktivitäten in Kindertagesstätten leistet einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung von Basiskompetenzen, die für den schulischen Erfolg von zentraler Bedeutung sind. Durch die Erfahrung von Mitbestimmung und Selbstwirksamkeit erwerben Kinder nicht nur soziale und kommunikative Fähigkeiten, sondern auch die Fähigkeit zur Problemlösung, Selbstregulation und zum kritischen Denken. Diese Kompetenzen bilden das Fundament für lebenslanges Lernen und sind unverzichtbar für die Bewältigung der Herausforderungen in der Schule und darüber hinaus.
Ein konkretes Beispiel zur Förderung von Basiskompetenzen durch Partizipation ist das Projekt „Planung unserer Lernwelten“. Hierbei wurden die Kinder aktiv in die Gestaltung und Planung der Lernumgebung durch die Erzieher:innen der Kita einbezogen. Sie dürfen mitentscheiden, welche Themenbereiche in ihrer „Schuli-Ecke“ bzw. Lernwerkstatt aufgenommen werden, welche Materialien benötigt werden und wie die Ecken gestaltet sein sollen. Diese Beteiligung fördert nicht nur die Kreativität und Eigeninitiative der Kinder, sondern stärkt auch ihre Entscheidungsfähigkeit und ihr Planungsvermögen – Fähigkeiten, die auch später in der Schule von großer Bedeutung sind. So lernen die Kinder während dieses Prozesses ihre Ideen und Vorstellungen zu artikulieren und im Dialog mit anderen zu verfeinern. Sie erfahren, wie es ist, Verantwortung für gemeinsame Entscheidungen zu übernehmen, und erkennen den Wert der Zusammenarbeit und des gegenseitigen Respekts. Durch das Feedback bzw. den Austausch mit den Erzieher:innen und auch anderen Vorschulkindern lernen sie zudem, konstruktive Kritik anzunehmen und in ihre Überlegungen einzubeziehen. Diese Erfahrungen bauen nicht nur Selbstvertrauen auf, sondern auch die Fähigkeit zur Selbstreflexion und die Bereitschaft, sich neuen Herausforderungen zu stellen.
Ein anderes Beispiel zur Förderung der Vorfreude auf die Schule und der Basiskompetenzen durch Partizipation ist das Projekt: „Meine Schule“. Die Kinder gestalten in den Wochen vor Schulbeginn individuelle Schultüten und sprechen dabei über ihre Wünsche und Hoffnungen für die Schule. Dabei lernen sie, dass der Schulbeginn ein besonderes Ereignis ist, auf das sie stolz sein können. Gleichzeitig werden in Rollenspielen die Einschulung und darüber hinaus auch typische Schulsituationen nachgespielt, wodurch die Kinder spielerisch lernen, was sie in der Schule erwartet und wie sie selbstständig Aufgaben lösen können. Es wurde zudem gemeinsam ein Buch über die Schule mit zahlreichen Fotos erstellt, sodass sich die Kinder ein Bild von den Schulräumen, der Turnhalle und dem OGS-Bereich (Offenen Ganztag) machen konnten. Diese Aktivitäten verstärken nicht nur die Vorfreude und das Selbstvertrauen der Kinder, sondern bereiten sie auch gezielt auf die Einschulung und den Schulalltag vor. Der Besuch in der Schule verbunden mit einer Schulrally und einer Märchenvorführung im OGS Bereich der Schule rundeten das Projekt ab. Im Anschuss reflektieren die Kinder gemeinsam mit den pädagogischen Fachkräften Ihre Erfahrungen und hatten darüber hinaus die Möglichkeiten in der „Schuli-Ecke“ die gemachten Erfragungen spielereich zu vertiefen.
Die Förderung von Partizipation und Empowerment in Kitas ist somit nicht nur ein wichtiger Schritt zur Stärkung demokratischer Werte, sondern auch eine effektive Methode, um Kinder auf die Schule vorzubereiten. Indem Kinder lernen, aktiv an der Gestaltung ihres Lernumfelds mitzuwirken, erwerben sie Basiskompetenzen, die ihnen helfen, die Herausforderungen der Schule selbstbewusst und kompetent zu meistern.
Verwendete Literatur:
Griebel, W./Niesel, R. (2002). Transitionen: Übergänge vom Kindergarten in die Grundschule. Verlag W. Kohlhammer.
Günster-Schöning U. (2018), Ich bin Erzieher*in. Superkräfte versus berufliche Realität, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht
Günster-Schöning U. (2023), Von der Kita in die Grundschule: Den Übergang erfolgreich gestalten – Kartenset, Don Bosco Verlag
Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport Berlin (2004). Berliner Bildungsprogramm für Kitas und Kindertagespflege. Verlag das Netz.